In der Uhren-Etage des Museums beginnt eine neue Zeitrechnung

In der Uhren-Etage des Museums beginnt eine neue Zeitrechnung

Freuten sich über die Neugestaltung der Uhren-Etage im 4Fachwerk-Museum: (v.l.n.r.) Dieter Siebel. Dr. Ingrid Leopold, Nicole Reschke, Klaus Siebel-Späth und Uhrenhistoriker Ian Fowler.

Freudenberg. Dr. Ingrid Leopold, 4Fachwerk-Vize-Vorsitzende, zitierte am Schluss der kleinen Feierstunde zur Eröffnung der neuen Uhren-Etage den Dichter Carl Loewe (1796-1869). Der hatte seine Wertschätzung für die Uhr formvollendet in Gedichtform gebracht: „Ich wollte, sie wäre rascher gegangen an manchem Tag; Ich wollte, sie hätte manchmal verzögert den raschen Schlag. In meinen Leiden und Freuden, in Sturm und in der Ruh, was immer geschah im Leben, sie pochte den Takt dazu."

Seit vielen Wochen hatten Handwerker den Takt im Dachgeschoss des Museums vorgegeben. Jetzt konnte die neu gestaltete Uhrenpräsentation der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Handwerk trifft Kunst", formulierte Bürgermeisterin Nicole Reschke in ihrem Grußwort. „Johann Peter Stahlschmidt gehört zur Freudenberger Stadtgeschichte," sagte sie über den berühmten in Plittershagen geborenen Uhrmacher. Sie sei sehr froh, dass dessen Erbe vom 4Fachwerk-Museum bewahrt werde.  

Klaus Siebel-Späth, der das Projekt „Uhrenabteilung" für das Museum betreut, schilderte den Ausgangspunkt der ersten Überlegungen zum Umbau. Im Jahr 2018 habe 4Fachwerk eine weitere Stahlschmidt-Uhr geschenkt bekommen, die inzwischen in Garmisch-Patenkirchen gelandet war, und ursprünglich aus dem Haus des Freudenberger Arztes Jacob Utsch (1824-1901) stammt.

„Wir haben ein Platzproblem", so die damalige Analyse. Unter den 4Fachwerk-Mitgliedern befand sich der Ausstellungs-Designer Kasimir Zembala, der mit einem Modell die Neugestaltung visualisierte. Daraus wurden konkrete Pläne entwickelt und 2022 gelang es dem Museum aus dem Programm „Neustart Kultur – Pandemiebedingte Investitionen für Kultureinrichtungen zur Erhaltung und Stärkung der Kulturlandschaft" eine Förderung zu erhalten. 

Rund 45.000 Euro investierte der Verein in die Ausstellungs-Optimierung und erhielt dafür einen Zuschuss von 85 Prozent. „Wir haben Themenräume in der Ausprägung ihrer jeweiligen Zeit gestaltet," so Siebel-Späth. Eine weitere Neuerung: „Alle Informationen zu den Uhren sind jetzt digital aufbereitet. Bilder und Texte können über einen Touch-Screen-Bildschirm in der Ausstellung aufgerufen werden." So gelingt es auch, immer wieder Neuigkeiten einzupflegen.

Einen interessanten Einstieg in die Forschung der Bodenstanduhren bot Ian Fowler, der dem Museum als Uhrenhistoriker seit vielen Jahren verbunden ist. „Er kennt jede Uhr wie ein Großvater seine Enkel", hatte 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel ihn in seiner Begrüßung vorgestellt. Fowler stellt klar: „Die Sammlung hier soll nicht nur Stahlschmidt in den Mittelpunkt stellen, sondern die regionalen Uhrmacher des Siegerlandes insgesamt würdigen." Neben den Stahlschmidts zählt Fowler Johann Heinrich Graef und Friedrich Müller in Freudenberg, Johann Justus Brücher und Richard Becher in Hilchenbach, sowie Hensel in Niederfischbach zu den weiteren bedeutenden Uhrmachern in der Region.

Einen interessanten Aspekt bot Fowler mit seinem Blick auf die fast vergessene Siegerländer Uhrenfabrik „Actien-Regulateur Fabrik Deuz, vorm. Gebr. Jung & Co.". Die Firma stellte maschinell Uhrenköpfe her und durfte die Postämter des Deutschen Reiches mit „Amtsuhren" beliefern. In Freudenberg übernahm 1827 Sohn Tillmann von seinem Vater Johann Peter Stahlschmidt die kleine Manufaktur. Dessen Enkel, Ewald Krämer (1863-1938), den die Flecker mit dem Hausnamen „Ticktack" belegten, wirkte in seiner Werkstatt in der Oranienstraße 5. Ein weiterer Uhrmacher, Georg Friedrich Klein, so weiß Ian Fowler zu berichten, kam 1888 aus Worms zu Johann Friedrich Müller, heiratete später die Witwe Haas, erstellte das Gebäude des Hotel Moritz in der Oranienstraße, in dem er seitlich sein Uhrmachergeschäft einrichtete. Er pflegte die zahlreichen Standuhren in der Region und führte darüber penibel Buch.

„Wir wollen unsere Ausstellung kontinuierlich verbessern", erklärte Fowler am Schluss seines Vortrages. Auf seiner Wunschliste stehen eine Spieß-Bodenuhr, also ein Werk des Lehrmeisters von J. P. Stahlschmidt, und auch eine Uhr von Brücher aus Hilchenbach sowie authentisches Werkzeug aus der Zeit von Stahlschmidt.

Anschließend hatten die vielen Gäste Gelegenheit, das neu gestaltete Dachgeschoss in Augenschein zu nehmen. Der Dank an diesem Abend galt einerseits den anwesenden Handwerkern (Schreinerei Quandel, Maler-Krafft) und andererseits Helmut Langenbach, der regelmäßig die Uhren aufzieht und sie somit für die Besucher am Laufen hält.  

Image

Freudenberg Online berichtet seit 2000 aus der Stadt Freudenberg im Kreis Siegen-Wittgenstein und seinen Ortsteilen.

Über uns