Freudenberg. „Die Stadt hat in den vergangenen 15 Jahren eine sehr passable wirtschaftliche Entwicklung gezeigt. Als Wachstumsmotor erwies sich hierbei abermals die Industrie.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Thilo Pahl konnte beim Wirtschaftsgespräch der Kammer in Freudenberg auf überdurchschnittliche Strukturdaten verweisen. So verzeichneten die Betriebe beim Industrieumsatz zwischen 2010 und 2023 einen Zuwachs von 46 Prozent.
Landesweit legte er im selben Zeitraum lediglich um 28 Prozent zu. Auch beim Beschäftigungszuwachs liegt Freudenberg über dem Durchschnitt im Kammerbezirk. „Allerdings musste die Stadt zwischen 2010 und 2024 einen Bevölkerungsrückgang von 5,6 Prozent hinnehmen“, hob der Hauptgeschäftsführer hervor, „zwar deutlich weniger als in abgelegeneren Kommunen, aber angesichts der Autobahnnähe Freudenbergs sicher eine ernst zu nehmende Entwicklung.“
Bürgermeisterin Nicole Reschke nahm den Ball inhaltlich auf und unterstrich die Bedeutung eines attraktiven Wohnumfeldes für Fachkräfte und ihre Familien. „Wir sind froh, dass es gelungen ist, attraktive Baugebiete und damit Raum für Ein- und Mehrfamilienhäuser zu schaffen. Zudem konnten wir neue Neubaugebiete, auch in zentraler Lage, erschließen. Das wird sich in den kommenden Jahren positiv auswirken.“ Ein Schwerpunkt liege darin, das Lebensumfeld spürbar zu verbessern. So wurde die Umgestaltung sowohl des Kurparks als auch des Marktplatzes angegangen. Rund 5 Mio. Euro investiert die Stadt in die Erneuerung des Freibads. Nicole Reschke: „Das ist für die Stadt eine finanzielle Kraftanstrengung, aber mit diesen Vorhaben leisten wir einen Beitrag, die Angebote insbesondere für Familien im Stadtgebiet zu stärken!“ Auch das Einzelhandelsangebot kann sich aus Sicht der Bürgermeisterin sehen lassen: Mit der viertbesten Kaufkraftbindungsquote in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe zeigt Freudenberg, dass es zusätzlich zur Versorgung der eigenen Bevölkerung gelingen kann, Kunden von außerhalb der Kommune zu gewinnen.
Schwierige Ausgangslage bei Gewerbeflächen
Schwierig sei hingegen die Ausgangslage bei den Gewerbeflächen. „Zwar konnten wir nach hartem Ringen weitere Flächen im Regionalplan in den Bereichen Wilhelmshöhe-West, Hommeswiese und Lindenberg durchsetzen, allerdings gehören sie nicht der Stadt.“ Herausfordernd würden die Umsetzung der Projekte zur kommunalen Wärmeplanung im Asdorftal und in der Innenstadt, die Sicherstellung des ÖPNV-Angebotes einschließlich On-Demand-Angeboten und die generelle Finanzausstattung der Kommune, die immer neue Aufgaben stemmen müsse.
Unzufriedenheit kam in der anschließenden Diskussion beim Glasfaser-Ausbau zum Ausdruck, bei dem es immer wieder zur Nicht-Einhaltung von Terminen und zu Verzögerungen komme. Nicole Reschke zeigte Verständnis für die Verärgerung und wies darauf hin, dass dies unter anderem auf Insolvenzen von Ausbauunternehmen zurückgehe. IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer erinnerte an die massive Breitband-Unterversorgung von Gewerbegebieten noch vor wenigen Jahren. Heute sei der Anschluss an das Giganetz für viele Betriebe wichtige Voraussetzung, um mit digitalen Lösungen international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Plus auf dem Lehrstellenmarkt trügt
Ein weiteres Thema des Wirtschaftsgespräches war neben den Chancen digitaler Umgebungen und Künstlicher Intelligenz als Garant für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie vor allem die Lage auf dem Lehrstellenmarkt. Aktuell verzeichnet die IHK in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe einen Rückgang bei den Ausbildungsplätzen um 13 Prozent. „Das ist ein deutlicher Rückgang - alle Zugewinne seit dem Corona-Jahr 2020 sind damit hinfällig. Auch im landesweiten Vergleich ist dieser Rückgang besonders stark ausgefallen“, erläuterte IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim. Dass Freudenberg hier keinen Rückgang, sondern sogar einen kleinen Zuwachs an Lehrstellen zeigt, beruhige nur auf den ersten Blick: „Das ist einem Ausbau des Ausbildungsangebotes bei drei großen Unternehmen geschuldet und entspricht auch in Freudenberg nicht dem Gesamtbild der Wirtschaft.“ Gerade kleine Betriebe zeigten Probleme, junge Menschen für einen Ausbildungsberuf zu gewinnen. Dabei könne die Ausbildung bei der Zielgruppe punkten: „Unsere jüngste Befragung bei über 800 Auszubildenden zeigt, dass diese weit überwiegend zufrieden sind. Die Azubis im IHK-Bezirk bewerten ihren Ausbildungsplatz im Durchschnitt mit der Note zwei.“
Im Vorfeld des Wirtschaftsgespräches hatte Dr. Frank Zibner, Director Operations, den knapp 50 Teilnehmern die Harburg-Freudenberger Maschinenbau GmbH bei einem Betriebsrundgang vorgestellt. Das als HF GROUP firmierende Unternehmen ist einer der führenden Maschinenbauer in Deutschland und Weltmarktführer für leistungsstarke Gummiknetmaschinen und komplette Mischsaallösungen für die Reifen- und Technische Gummiwarenindustrie. Zum Einsatz kommen die Maschinen nicht nur in der Reifenindustrie, sondern auch in der Fertigung von Haushaltswaren und sogar Golfbällen. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 2000 Mitarbeiter, am Standort Freudenberg mehr als 400.