Freudenberg. Die Feierlichkeiten zum Volkstrauertag standen am Sonntag mehr denn je unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine sowie des Terrors der Hamas in Israel. In der evangelischen Kirche fand der zentrale Friedensgottesdienst statt. Gedenken, erinnern, mahnen, Verantwortung übernehmen waren die Kernbotschaften. Selten dürfte ein Gottesdienst in der Vergangenheit so politisch, so von aktuellen Geschehnissen geprägt gewesen sein wie dieser.
Pastor Thomas Ijewski stellte gleich mehrfach die Frage, ob es christlich sei, dankbar dafür zu sein, dass Soldaten in den Krieg ziehen müssen. Ohne den Einsatz der Alliierten wäre der Nazi-Terror wohl nicht zu stoppen gewesen und die Konzentrationslager wohl nicht befreit worden. Auch sei er froh und dankbar für den Einsatz israelischer Streitkräfte, die versuchten, in Gaza noch einige Geiseln zu befreien und die Strukturen der Hamas nachhaltig zu zerstören. Aber sei das wirklich christlich? Es sei christlich, sich dem Terror entgegenzustellen. Es sei christlich, den Antisemtismus zu bekämpfen und dem Volk Israel zur Seite zu stehen. Das Angebot des Friedens solle aber immer an erster Stelle steht. Dem Staat komme nach der Barmer Erklärung von 1934 die Aufgabe zu, "für Recht und Frieden zu sorgen", unter Androhung und notfalls unter Einsatz von Waffengewalt, immer aber nach "menschlichem Maß und Vermögen".
Bürgermeisterin Nicole Reschke mahnte die "besondere Verantwortung, jüdisches Leben zu beschützen" an. Jeder sei hier gefordert, sagte sie mit Blick auf die Verleihung des Friedensnobelpreises 2012 an die Vereinten Nationen. Das Totgengedenken am Volkstrauertag sei zugleich eine Mahnung, den fragilen europäischen Frieden zu schützen: "Nie wieder ist jetzt."
Büschergrunds Ortsvorsteher Matthias Irle erinnerte an die Ursprünge des Volkstrauertages von 1924 als Gedenktag der Gefallenen im Ersten Weltkrieg, dem Missbrauch durch die Nationalsozialisten als Heldengedenktag und der Einführung als Tag des Gedenkens an alle Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg im Jahr 1952. Insgesamt werde 62 Millionen Getöteter weltweit gedacht und es liege in unserer Verantwortung, die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten.
Erinnert haben auch Zoe Dornseifer, Louisa Schmidt und Mario Sänger von der Ester-Bejarano-Gesamtschule, indem sie die Zeitzeugenberichte von Helene Wildenberg, Hans-Peter Fries und Bruno Kneppe aus Siegen vortrugen. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst vom Männerchor der Liedertafel. Im Anschluss legten Kameraden der Feuerwehr-Löscheinheit Freudenberg Kränze am Ehrenmal auf dem Freudenberger Friedhof nieder.
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